Zum neuen Jahr starte ich mit einer Info-Reihe zum Thema Mobilität für alle.
Wir alle sind mobil – doch wie sicher fühlen wir uns dabei?
Wir alle sind mobil und legen unsere Wege zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Treffen mit Freunden und Freundinnen zurück. Die letzte Mobilitätsbefragung der MiD (Mobilität in Deutschland) aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass durchschnittlich 85% der Gesamtbevölkerung das Haus verlassen und Verkehr erzeugen. Dabei hatte der sogenannte Umweltverbund, bestehend aus ÖPNV, Fußverkehr und Fahrrad, in ganz Deutschland einen Anteil von 43 Prozent. Mobil zu sein scheint also selbstverständlich, aber hast du dir schonmal Sorgen um dein Sicherheitsempfinden machen müssen und dir die Frage gestellt, wie du abends am besten nach Hause kommst? Und ob der direkte Weg auch der sicherste ist oder du möglicherweise Umwege in Kauf nimmst, auf denen du dich sicherer fühlst?
Erste Studie zum Sicherheitsempfinden
Das ist eine Frage, die sich besonders viele Frauen bei der Fortbewegung und Nutzung des öffentlichen Raumes und des ÖPNV täglich stellen und die besonders abends und nachts große Unsicherheit auslöst. Genau das erfasst erstmals eine Studie des Bundeskriminalamtes aus dem Jahr 2021, die als Dunkelfeldstudie ermittelt, wie viele Menschen in Deutschland tatsächlich Opfer von Kriminalität wurden und wie sicher sich die Menschen in Deutschland fühlen. Dazu wurden 47.000 Menschen Ende 2020 und Anfang 2021 befragt. Bei der Befragung wurden Männer und Frauen erfasst, nicht aber trans oder nicht-binäre Personen.
Mehr als zwei Drittel der Frauen fühlen sich nachts unsicher
Die Ergebnisse der Studie sind deutlich und zeigen, dass auch im ÖPNV noch große Probleme liegen. Zwei Drittel (66,7%) der befragten Frauen geben an, sich nachts im ÖPNV unsicher zu fühlen und mehr als jede zweite Frau (51,7%) gibt an, die Nutzung des ÖPNV nachts sogar zu meiden, wodurch viele Frauen von der Nutzung des ÖPNV ausgeschlossen werden. Doch auch das Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum wird bei Frauen als unsicher empfunden. Das führt dazu, dass 57,9 Prozent der befragten Frauen bestimmte Straßen, Plätze oder Parks meiden.
Umstieg auf den ÖPNV notwendig
Dabei ist der Umstieg auf den Umweltverbund vor allem aus Klimaschutzgründen notwendig, um einen nachhaltigen Verkehrssektor und eine Verkehrswende zu ermöglichen. Es ist daher besonders wichtig, das Sicherheitsempfinden in der Planung aufzunehmen, um angstfreie Räume zu schaffen und eine Mobilität für alle zu gewährleisten.
Unsere Lösungen für NRW
Mit unserem „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“ haben wir Lösungen erarbeitet, die dabei helfen, den ÖPNV und Fußverkehr zu stärken und das Sicherheitsempfinden in beiden Räumen zu verbessern
- Ein gutes Angebot, also mehr Busse und Bahnen, reduziert lange Wartezeiten und macht die Fortbewegung flexibler. Bis 2030 wollen wir das Verkehrsaufkommen des ÖPNV um mindestens 60 Prozent erhöhen. Dazu stärken wir die Finanzierung des ÖPNVs, um neben dem 49€-Ticket den Erhalt und Ausbau des Angebots zu sichern.
- Außerdem werden wir mindestens 1.000 zusätzliche Mobilstationen fördern, um eine bessere Vernetzung von ÖPNV, Fahrrad, Car-Sharing und anderen Angeboten zu ermöglichen und so zu gewährleisten, dass es auch Alternativen auf dem Weg nach Hause gibt.
- Die Stärkung der Rechte von Frauen ist zentraler Bestandteil unseres Koalitionsvertrages.
- Wir verfolgen für den Fußverkehr das Ziel, komfortable, sichere und barrierefreie Wege und Straßenquerungen zu schaffen. Neben dem „Fußgängercheck NRW“ wollen wir gemeinsam mit den Kommunen Angsträume, die erstmalig in einem Koalitionsvertrag des Landes genannt werden, beseitigen und dadurch Umwege vermeiden
Es wird deutlich, dass es verschiedene Maßnahmen und Ideen gibt, wie wir den öffentlichen Raum und den ÖPNV für alle sicher gestalten können. Weitere Lösungen, für die ich mich persönlich stark mache, betreffen vor allem die Themen der gendergerechten Planung und der Gender-Data-Gap.
- Die gendergerechte Planung verfolgt das Ziel, Räume zu schaffen, die den Bedürfnissen aller Bewohnerinnen und Bewohnern gerecht wird. Dazu zählt auch eine Umgestaltung öffentlicher Räume, Bahnhöfe und Haltestellen, beispielsweise durch eine offene Gestaltung und hellere Beleuchtung.
- Die Gender-Data-Gap bezeichnet den Mangel an genderdifferenzierten Daten, da Datenerhebungen sich vor allem auf männliche Körper, Erfahrungen und Verhaltensweisen fokussieren. So ist die Gefahr für lebensbedrohliche Brustverletzungen Frauen bei Autounfällen erheblich erhöht durch das Design der Autos und der eingesetzten Crashtest-Testpuppen.
Wegeketten von Frauen, die leider immer noch einen Großteil der Versorgungsarbeit leisten müssen, werden in der Planung wenig bis gar nicht berücksichtigt. Diese richtet sich oft an den direkten Wegen zur Arbeit aus.
Aber auch in der Erhebung von Mobilitätsdaten werden beispielsweise meistens nur die Kategorien der Männer und Frauen erfasst, weshalb Daten zu trans oder nicht-binären Personen oft nicht erfasst werden.
Quellen
Bundeskriminalamt (2020): Sicherheit und Kriminalität in Deutschland – SKiD 2020 Bundesweite Kernbefunde des Viktimisierungssurvey des Bundeskriminalamts und der Polizeien der Länder. https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Forschung/ForschungsprojekteUndErgebnisse/Dunkelfeldforschung/SKiD/Ergebnisse/Ergebnisse_node.html
EBRD Green City Policy Tools (o.J.): The gendered landscape – Umeå, Sweden. https://www.ebrdgreencities.com/policy-tool/the-gendered-landscape-umea-sweden/
Gerecht mobil (o.J.): Der Gender-Data-Gap im Mobilitätsbereich. https://gerecht-mobil.de/der-gender-data-gap-im-mobilitaetsbereich/
MiD – Mobilität in Deutschland (2017): Ergebnisbericht. https://www.mobilitaet-in-deutschland.de/pdf/MiD2017_Ergebnisbericht.pdf